Von Bundaberg nach Hervey Bay

 

Bundaberg, am Burnett River gelegen, ist das südlichste Tor zum Great Barrier Reef und hat ca. 70000 Einwohner. Viele Backpacker, die ein Jahr lang per „Work and Travel“ unterwegs sind, finden hier Arbeit, da es viele Obst- und Zuckerrohrplantagen gibt und dort Saisonarbeiter benötigt werden. Wahrzeichen ist die Bundaberg Distillery. Der Bundaberg Rum ist auf der ganzen Welt bekannt. Hier wird Ginger Beer, eine Limonade mit Ingwergeschmack, hergestellt. Im Zentrum gibt es einige historische Gebäude. Auf den ersten Blick wirkt die Stadt belebter als andere australische Kleinstädte.

 

Am frühen Abend sind allerdings auch hier die Gehsteige hochgeklappt. Wir machen es uns auf einem Campingplatz direkt am Fluss gemütlich. Viele Dauergäste beäugen uns skeptisch. Es sind vor allem Wohnwagengespanne unterwegs, Kurzzeitgäste kommen selten, obwohl der Ort zentral und idyllisch liegt.

Wir besuchen die Art Gallery, wo junge Künstler aus der Umgebung Bilder und Skulpturen ausstellen. 3km außerhalb der Stadt ist eine bekannte Fischbar. Dort kehren wir ein und bekommen ganz passable Meeresfrüchte: Austern, Jakobsmuscheln, gegrillter Fisch. Wir rattern alle Strandorte von Burnett Heads über Bagara, Ines Park, Coral Cove bis Elliott Heads herunter.

Elliott Heads

Der Ort liegt verschlafen an der Mündung des Elliott River ins Meer und hat gerade einmal 850 Einwohner. Über Sandbänke kann man bei Ebbe zu einer Insel in der Mitte des Flusses laufen. Wir schwingen uns auf die Sättel unserer Drahtseile und radeln die Esplanade am Meer entlang. Eine freche Elster bedrängt Friedrich. Sie scheint ihn angreifen zu wollen oder will sie nur spielen? Dann bin ich an der Reihe. Sie fliegt hinter mir her und streift mit ihren Flügeln meinen Helm. Ich bin sehr irritiert. Vögel, Hitchcock lässt grüßen.

Childers

Childers liegt am Bruce Highway und ist für Wohnmobile geeignet. Wir sind früh da und bekommen einen guten Platz auf dem kostenlosen Stellplatz. Viele hübsche denkmalgeschützte Gebäude säumen die Straße. Im Jahr 2000 erlangte die Stadt traurige Berühmtheit. Ein Obstpflücker, der Rucksacktouristen hasste, legte im Gemeinschaftsraum des Palace Backpacker Hostel ein Feuer. 15 junge Leute, die hierher zum Obstpflücken gekommen waren, wurden getötet, die meisten aus England und den Niederlanden. Der Mann wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Zu Ehren der 15 Rucksacktouristen wurde das Palace-Gebäude wieder aufgebaut und ein Denkmal mit Fotos aufgestellt.

Wir passieren eine kleine Halle, in der sich ein Feldjäger-Feuerwehr-Schrottmuseum befindet. Ein älterer Herr mit stahlblauen Augen kennt wohl jedes der gefühlten 500000 hier versammelten Exponate. Eine wahre Fundgrube. Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll. Leider ist es so unübersichtlich, dass man gar nicht alles erfassen kann.

Im kleinen Supermarkt kaufen wir einen großen Kasten Mineralwasser und wollen diesen im Einkaufswagen über die Straße zu unserem Auto transportieren. Die Kassiererin ruft mir etwas zu, was ich nicht richtig verstehe. „Ich glaube, wir dürfen den Wagen nicht über die Straße schieben“, gebe ich zu bedenken. „Meinst du, ich schleppe den Kasten?“, erwidert mein Mann schnippisch. „Aber dann musst du den Wagen wieder zurückbringen“, ermahne ich streng. Nachdem wir die Einkäufe verstaut haben, will Friedrich den Einkaufswagen wieder über die Straße rollen, doch schon steht die Supermarktleiterin neben ihm und reißt ihm das Teil aus der Hand. Sie dachten wohl, wir wollten ihn klauen.

Abends probieren wir dann endlich den Bundaberg Rum im RSL Club. Dort ist am meisten los und wir beobachten die Leute am Spieltisch. Der originale Bundaberg Rum ist nicht nach unserem Geschmack. Eine mildere Variante kommt eher in Frage.

Maryborough

Maryborough am Mary River hat ein paar mehr Einwohner als Childers und versteht sich als Heritage City.

Wir dürfen wieder gratis übernachten, brauchen aber eine schriftliche Genehmigung, die es im Informationszentrum gibt. Ein Spaziergang durch die Stadt ist schnell erledigt. Friedrich hat Bierdurst. Im Federal Hotel sitzen mittags schon Einheimische an der Theke. Dennis spricht uns an und wir tauschen die üblichen Floskeln aus: Woher kommst du? Was machst du in Maryborough? Wohin geht die Reise? Gefällt dir Australien?

Wir verstehen ihn mehr schlecht als recht, denn er hat keine Zähne und gibt sich nicht viel Mühe mit der Aussprache. Robert gesellt sich dazu und die beiden fangen an Pool-Billard zu spielen, denn sie gehören zum Club. Gar nicht so schlecht die beiden. Dennis jubelt wie ein Schneekönig, als wir ihn anfeuern. Dann drückt er Friedrich seinen Queue in die Hand. Er soll gegen Robert spielen. Beide geben ihr Bestes. Robert gewinnt... Gott sei Dank. Dennis will uns gar nicht ziehen lassen, aber ich glaube wir haben genug Bier getrunken und können uns vorstellen, wie das Spektakel sonst ausgegangen wäre. Wir bedanken uns herzlich und trollen uns davon.

 

Tiaro

Bevor wir wieder an die Küste ziehen, wollen wir noch eine Nacht in der „Wildnis“ verbringen. Südlich von Maryborough liegt das Dorf Tiaro am Mary River. Direkt am Fluss liegt ein idyllischer Ort. Einige Camper haben sich bereits niedergelassen. Wir packen die Stühle aus, kochen und sitzen in der Dämmerung stundenlang am Fluss. Eine Schildkröte taucht auf, Fische springen und Wasservögel tauchen nach Nahrung. Ein Schild warnt vor Krokodilen. Ich dachte, wir hätten die längst hinter uns gelassen und kann nicht recht glauben, dass es welche geben soll. Aus Sicherheitsgründen halten wir Abstand zum Ufer.

Hervey Bay

Hervey Bay begeistert uns sofort. Endlich mehr Leute unterwegs. Der Ort ist klein, sauber und gemütlich,  liegt vor Fraser Island, der größten Sandinsel der Welt. Es werden zahlreiche Touren angeboten. Man kann mit Allradfahrzeugen über die Dünen heizen, Seen anschauen und die Natur bewundern. Auch Dingos, die Wildhunde Australiens, soll es dort geben. Hervey Bay ist außerdem die „Walhauptstadt“ Australiens. In der Zeit zwischen Juli und Anfang November ziehen in Hervey Wale mit ihren Kälbern vorbei. Leider sind wir schon spät dran, denn ab Mitte November ziehen bereits Richtung Antarktis.

Fraser Island interessiert uns nicht so sehr, also bleiben wir in Hervey. Die Charlton Esplanade ist 15km lang. Sie verläuft direkt am Meer. Man passiert kleine Parks, nette Restaurants und den 800m Pier. Wir beschließen 3 Tage zu bleiben um das Strandbadefeeling zu genießen. Jeden Tag mit dem Rad unterwegs tut der Figur gut, denn der Wind bläst uns ins Gesicht und je nach Richtung müssen wir uns direkt anstrengen. Ich gehe schwimmen und mache Strandspaziergänge. Friedrich baldowert aus,  welches der Restaurants die ansprechenste Speisekarte hat.

Bei „Enzo’s on the beach“ gefällt es uns am besten. Leckerer Oktopus auf Reis und Meeresfrüchte-Pasta! Manchmal darf es auch ein Gläschen Wein sein. Mittlerweile haben wir schon Favoriten, die wir in den Bottle Shops kaufen. Chardonnay, Sauvignon blanc, Shiraz und Cabernet. Mein Mann traut sich hier auch mal an Rotwein. Seine Histaminintoleranz hat er im Griff.

Rindfleich und Kängurusteak

Im Wohnmobil fühlen wir uns richtig wohl, gerade weil wir die Freiheit haben, jederzeit ohne Buchung weiterzufahren und mittlerweile überall einen Platz finden. Nicht immer direkt am Strand, aber es gibt ebenso traumhafte Flecken im Hinterland, die entdeckt werden wollen. Wir sind absolut begeistert über die Qualität der Lebensmittel. Neulich haben wir Kängurusteak zubereitet. Ein Hochgenuss, total mageres Fleisch, ein bisschen Wildgeschmack. Das Gemüse schmeckt so, wie wir es aus unserer Kindheit kennen. Herrliche Avocado, Mango, Papaya und unbekannte Früchte sind süß und lecker. Die Mangos schmecken anders als in Thailand, erinnern an Marzipan. Am Rindfleisch ist nichts auszusetzen. Das Messer gleitet durch das Steak als wäre es Butter. Kein Wunder, dass die Rinder hier in kombinierter Weide- und Getreidewirtschaft aufwachsen, frei von jeglicher Chemie oder künstlichen Futterzusätzen und ohne Antibiotika.

Das Klima könnte angenehmer nicht sein. Nachts kühl, sodass wir sehr gut schlafen und tagsüber nicht zu heiß. 28 Grad, manchmal nur 25° sind ideal für Erkundungen zu Fuß oder mit dem Rad. Auch wenn wir bisher wenig intensive Bekanntschaft mit Australiern gemacht haben (außer Warry auf Ritas Island), freuen wir uns immer über ein kleines Schwätzchen im Pub oder auf dem Campingplatz. Manchmal direkt vor dem Supermarkt. Eine ältere Dame erkundigte sich nach unserer Herkunft und ließ uns gar nicht mehr gehen. Im Supermarkt sprach uns eine Dame an, ob wir Deutsche seien. Sie käme zwar auch aus unserer Heimat, wäre aber schon vor 50 Jahren ausgewandert und hätte die deutsche Sprache nicht mehr voll parat. Die Aussies sind unkompliziert, freundlich und scheinbar nie im Stress.

Unangenehme Zeitgenossen

Aber auch hier gibt es unangenehme Zeitgenossen oder besser: Deppen. Manche Stadt macht es einem Wohnmobil schwer, geeignete Stellplätze zu finden. In einem Einkaufszentrum ragte unser Camper mit den Fahrrädern ein ganzes Stück über die eingezeichnete Parkfläche hinaus. Wir konnten keinen besseren Platz finden und hofften auf Rücksichtnahme. Als wir vom Einkaufen zurückkamen, bedrohte mich eine Busfahrerin mit der Faust. Wie hätten wir wissen können, dass ausgerechnet hier ein Bus durchfahren muss. Wir parkierten das Wohnmobil daraufhin ein paar Meter weiter, da dort Plätze frei geworden waren.

Während wir gemütlich im Auto Mittag aßen, stellte sich ein älterer Typ im Kleinwagen   unmittelbar neben vor uns. Er stieg aus und fotografierte unseren Camper von allen Seiten, vor allem das Nummernschild, da er wohl befürchtete, wir könnten sein Fahrzeug rammen. Es hätten genügend andere Parkplätze zur Verfügung gestanden. Nein, er musste sich unbedingt neben uns stellen. Mich regte dieses Verhalten so auf, dass ich am liebsten alle 4 Reifen seines Wagens mit einem Dartpfeil durchbohrt hätte. Friedrich, völlig tiefenentspannt, setzte unser Fahrzeug ein paar Meter zurück, damit wir später bequem aus der Lücke heraus manövrieren konnten. Nächstes Ziel: Noosa Heads.

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