Reise von Nakon Phanom über Pakse zu den 4000 Mekong Inseln

 

 

Das Wetter ist nicht nach unserem Geschmack, meistens sehr diesig, wolkenverhangen und trotzdem schwül. Ab und zu gibt es einen Regenschauer. Leider keinen Sonnenaufgang über dem Mekong.

 

Pünktlich am Morgen des 21. Januars ist es dann soweit: die gesamte Kraft des am Horizont emporsteigenden Feuerballs begrüßt mich auf das herzlichste im neuen Lebensjahr. Wenn das kein guter Start ist. Blauer Himmel, angenehme Temperatur und ein friedlicher Ehemann sind das größte Geschenk.

Als Friedrich im überdachten Indochinamarkt verschwindet und mir kurz darauf, mit strahlender Miene eine Tüte überreicht, überlege ich für einen Augenblick, ob er mir tatsächlich was Nettes gekauft haben sollte. Es stellt sich heraus, dass er sich selbst beschenkt hat. In Malaysia hatte der Gute vergessen, sein Taschenmesser aus dem Handgepäck zu entfernen. Der Security-Angestellte kannte keine Gnade und nahm es ihm ab, denn es darf nicht mit an Bord. Seit geraumer Zeit war Friedrich nun auf der Suche nach Ersatz. Ich freue mich mit ihm.

Nach einem köstlichen Mittagessen bestehend aus gebratenem Fisch, Reis und Gemüse, brechen wir auf, um eine Tour mit dem Roller in nördliche Richtung, am Mekong entlang, zu unternehmen. Der Weg führt uns zu einer netten Familie, die ein kleines Restaurant direkt am Fluss führt. Diesen wunderschönen, lauschigen Platz hatten wir bereits am Vorabend entdeckt. Wie wäre es mit einem Sundowner?

 

Der Sohn der Familie ist gerade dabei eine Musikanlage aufzubauen. Zwei nicht mehr ganz junge Ladies lassen es sich gut gehen. Chang Bier fießt in Strömen. Eine alte Frau, vermutlich die Oma, fragt uns, ob wir Karaoke singen wollen. Leider müssen wir ablehnen, denn wir kennen weder die Songs, noch können wir die Texte lesen. Da greift eine der angetrunkenen Damen beherzt zum Mikrofon und schmettert eine thailändische Ballade nach der anderen.

 

Ein Geburtstag, den ich nicht vergessen werde. Die Oma spricht von allen am besten Englisch. Sie bewirtet uns mit Bier und stellt ihre Familie vor. Der Sohn gibt sich größte Mühe uns zu unterhalten. Er ist zurückhaltend, aber wissbegierig. Unsere Thai Sprachkentnisse lassen leider zu wünschen übrig, doch die Herzlichkeit mit der man uns begegnet, bedarf nicht vieler Worte. Der erste Tag in meinem neuen Lebensjahr klingt vergnüglich aus. Morgen geht es mit dem Bus über die 11 Kilometer entfernte Freundschaftsbrücke auf die andere Seite des Mekongs nach Laos.

 

Der Grenzübertritt ist mit viel Papierkram behaftet. Nach eineinhalb Stunden befinden wir uns in der Stadt Thakek gegenüber von Nakhon Phanom. Eigentlich wollten wir am nächsten Tag eine große Rundfahrt über die Karstberge bis zur spektakuären Konglor Höhle unternehmen, das erklärte Ziel aller Traveller. Viele ungeübte Mopedfahrer unterschätzen die holprige Strecke. In der Stadt begegnen uns zahlreiche Backpacker mit Schürfwunden. Trauen wir uns zu, die Strecke unversehrt zu bewältigen?Das Wetter macht uns die Entscheidung leicht. Die Vorhersage meldet eine Kaltfront aus China. Wir streichen unseren Plan. Am nächsten Morgen verlassen wir Thakek und brechen gen Südlaos auf. Dort soll es wärmer sein.

 

Am Ticketschalter herrscht Uneinigkeit darüber, ob der Bus nach Pakse 6 oder 12 Stunden benötigen wird. Wir beratschlagen gemeinsam mit einem holländischen und einem deutschen Ehepaar, ob man nicht lieber nur bis nach Savannaketh fahren sollte. 12 Stunden in dem klapprigen Bus will sich keiner vorstellen. Der unfreundliche Ticketverkäufer versichert dann aber, dass die Fahrt "nur" 7 Stunden dauern werde. Alle steigen ein. Die Hälfte der Reisenden besteht aus europäischen Travellern, die andere aus Einheimischen. In Laos ist es üblich, Schemel in den Gang gestellt werden, wenn alle Sitzplätze belegt sind. So füllt sich der Gang mit einheimischen. Die Hähnchenspiess-Verkäufer, die unterwegs einsteigen, um ihre Ware anzubieten, kommen kaum durch. Hin und wieder gibt es eine Pinkelpause. Der Busfahrer kennt die Strecke genau und hält an, wenn genügend Büsche am Wegesrand auftauchen. Die meisten der Reisenden, Männlein wie Weiblein, suchen sich ein Plätzchen im Gestrüpp. Endlich, endlich nähern wir uns der mit 100 000 Einwohnern drittgrößten Stadt des Landes: Pakse.

 

Seltsam, wir rauschen an einer großen Busstation vorbei ohne zu halten. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass es wohl mehrere Stationen in Pakse geben wird. Irgendwann hält der Bus am Straßenrand an, weit entfernt vom Zentrum. Ein Tuk-Tuk Fahrer steigt ein und fordert alle Reisende auf, die ins Zentrum von Pakse möchten, den Bus zu verlassen. Er und sein Kollege würden uns mit ihren Gefährten weitertransportieren. Der Preis, den er verlangt, haut uns fast aus den Socken.

Die jungen Leute mit Rucksack steigen brav aus. Haben die alle zu viel Geld? Wir jedoch wollen uns nicht veräppeln lassen. Wir haben in Thakek schließlich ein Ticket bis nach Pakse gekauft. Das deutsche Paar und die Holländer bezweifeln wie wir, dass es mit rechten Dingen zugeht. Die einheimischen Busgäste sind alle verschwunden. Mittlerweile ist der Tuk-Tuk Fahrer richtig sauer. Er brüllt die verbliebenen Passagiere an, endlich auszusteigen. Jetzt platzt Friedrich der Kragen. Er schreit zurück, man solle uns gefälligst zur Busstation bringen. Das vor dem Bus stehende Jungvolk ist verunsichert. Alle steigen wieder ein. Dem Busfahrer bleibt nichts anderes übrig, als uns zu der Station zu bringen, an der wir bereits vorbeigefahren waren. Dort herrscht gähnende Leere. Kein Bus, kein Songthaew, kein Taxi. Der unverschämte Tuk-Tuk Fahrer taucht wieder auf. Er war dem Bus gefolgt. Die Reisenden steigen nun doch alle in seinen Klapperkasten, auch die Deutschen und die Holländer. Wir nicht, auf keinen Fall. Wir stapfen stinksauer zur Hauptstraße, um dort ein Taxi zu finden.

 

Es gibt scheinbar keine Taxis. Das Stadtzentrum ist ca. 7km entfernt. Der Chauffeur des  überladenen Tuk-Tuk Transporters versucht uns zu überzeugen, doch noch in sein Vehikel zu steigen. Lieber wären wir die 7km zu Fuß in die Stadt gelaufen, als uns diese Blöße zu geben. Wenig später hält ein anderes Tuk-Tuk neben uns. Was sollen wir machen? Mit dem schweren Gepäck können wir die Strecke nicht zu Fuß bewältigen. Für den doppelten Preis bringt man uns ins Zentrum. Im Hotel erfahren wir, dass sich dieses abgekartete Spiel Tag für Tag wiederholt.

 

Wir spülen den Ärger mit ein paar Bier hinunter. Das Hotel ist komfortabel und die Stadt gefällt uns gut. Leider wird es immer kälter. Wir müssen weiter gen Süden ziehen. Dort locken die 4000 Mekong-Inseln. Mit dem Mini-Bus geht es in dreistündiger Fahrt in den Ort Nakasang. Dort besteigen wir ein schmales Boot, welches uns in 20 minütiger Fahrt auf eine der drei bewohnten Inseln bringt: Don Khone.

Die Wasserfälle Somphamit und Khon Phapheng bilden die Südgrenze eines einzigartigen Feuchtgebietes. Hier erreicht der Mekong seine größte Ausdehnung. Auf einer Länge von 50km und einer Breite von 14km gliedert sich der Fluss in etliche Kanäle und gibt tausende kleiner Inseln frei. Mehr als 7000 Menschen leben in dieser Wasserwelt. Sie ernährten sich hauptsächlich von Fisch bis der Tourismus kam. Junge Leute entdeckten die Inselwelt zuerst. Nach und nach brachten die Touristen bescheidenen Wohlstand in die Region. Backpacker fanden auf der Insel Don Khet ihr Paradies. Das Eiland wurde zur Partyinsel, ähnlich wie Kho Phangan in Thailand. Auf Don Khone soll es ruhiger zugehen.

 

Hier gibt es keine Parties, dafür wird überall gebohrt und gehämmert. Die Einheimischen sind inzwischen stark überfordert. Es kommen einfach zu viele Besucher. Müll stapelt sich, man ist nicht mehr freundlich, eher gleichgültig bis ignorant. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt nicht. Die Landschaft hingegen ist wunderschön.

 

Wir haben 5 Nächte gebucht und ein schönes, wenn auch teures Zimmer bezogen. Friedrich fühlt sich bereits kurz nach unserer Ankunft schlapp, müde und legt sich aufs Ohr. Wenig später hat er Fieber. Ein fürchterlicher Husten quält ihn die ganze Nacht. Der nächste Tag bringt keine Besserung.

 

Ich miete mir ein Fahrrad und erkunde die Insel allein. Es ist unbeschreiblich schön hier. Hoffentlich kann Friedrich morgen mit auf Tour gehen, damit er die herrliche Gegend mit mir zusammen genießen kann.

 

Nein, er kann nicht. Er braucht ein Antibiotikum, denn die Erkältung weitet sich zur Bronchitis aus. Einen Arzt gibt es nicht auf den Inseln, nur eine Krankenschwester. Die Leute im Hotel sind nicht besonders hilfsbereit. Wir müssen uns im Ort durchfragen und machen sie schließlich ausfindig. Ein leer stehendes Gebäude aus der Kolonialzeit der Franzosen dient als sogenannte Apotheke. Wir betreten einen Saal mit drei Meter hohen Wänden. Als einziges Mobiliar steht ein Tisch mitten im Raum. Auf dem Tisch befinden sich zwei Dosen. Eine trägt die Aufschrift Penicillin. Die andere enthält ein Breitbandantibiotikum. Wir entscheiden uns für letzteres. Die Krankenschwester füllt 20 Tabletten in ein Tütchen. Täglich 2 Tabletten soll er nehmen. Schon nach der ersten Dosis bekommt mein Mann Durchfall. Das hat uns gerade noch gefehlt.

 

Ich lasse ihn in seinem Elend allein, um die andere Insel, Don Khet zu erkunden. Als ich wieder nach dem Kranken schaue, geht es ihm zum Glück besser. Dafür bekomme ich am Nachmittag hohes Fieber. Da hier Malaria keine Seltenheit darstellt, bin ich sehr besorgt und kurz davor das Notfallpräparat aus unserer Reiseapotheke einzuwerfen. Friedrich hält mich davon ab. Er ist überzeugt, dass ich mich bei ihm angesteckt habe. Wadenwickel lassen das Fieber etwas sinken.

 

Am nächsten Tag ist Friedrich fieberfrei. Ich fühle mich nicht gut und wir verbringen den ganzen Tag im Zimmer, um am anderen Tag fit für die Rückreise nach Pakse zu sein.

 

Am Busbahnhof in Nakasang herrscht Chaos. Dutzende Backpacker laufen wie aufgescheuchte Hühner umher. Keiner weiß, welcher Bus wohin fährt. Die Busfahrer und Ticketverkäufer wissen es scheinbar auch nicht. Sie sind frech, unfreundlich, sprechen kaum Englisch. Friedrich fühlt sich zu schwach, um in der Hitze jemanden zu finden, der uns Auskunft gibt, in welchen Bus wir steigen müssen. Ich renne klitschnass geschwitzt von einem Fahrer zum anderen, die mich an die Ticketverkäufer verweisen. Endlich finde ich unseren Bus, der uns zurück nach Pakse bringen wird.

 

Kaum haben wir Platz genommen, müssen wir feststellen, dass sich die Luftdüsen nicht abstellen lassen. Mir ist sofort klar, dass ich mir, angeschlagen wie ich bin, wahrscheinlich eine Lungenentzündung holen werde. Wenigstens hält der Bus nach einer Stunde und ich kann die nassen Klamotten wechseln.

 

Am nächsten Morgen in Pakse habe ich hohes Fieber. Wir müssen alle Pläne, auf das Bolavenplateau zu den Kaffeeplantagen zu fahren, aufgeben. Die Grippe hält mich 4 Tage fest im Griff. Das Fieber will einfach nicht runtergehen.

 

 

 

Da wir wegen dem bald stattfindenden chinesischen Neujahr, wo Gott und die Welt unterwegs ist, schon die gesamte Fahrt nach Südthailand gebucht hatten, wird es langsam eng. Gerade rechtzeitig verschwindet das Fieber und der Husten lässt nach. Aber ein neues Hindernis tut sich auf:

 

Friedrich eröffnet mir, dass er Probleme mit seinem gesunden Auge hat. Er möchte in Bangkok sicherheitshalber im Krankenhaus alles abklären lassen. Das kann ich verstehen, denn auf dem anderen Auge hat er nur noch 30% Sehkraft. Die Zugfahrt von Bangkok nach Südthailand lassen wir verfallen und buchen ein Hotelzimmer in Bangkok. Ich bin noch recht schwach auf den Beinen, aber was soll's.

 

Nachmittags wir den Bus von Pakse nach Ubon Ratchathani in Thailand. Die Fahrt dauert nur wenige Stunden. Auf dem Busbahnhof von Ubon müssen wir bis abends warten, denn der bereits gebuchte Nachtbus nach Bangkok fährt erst um 23 Uhr ab. Auf den wunderbar bequemen Sesseln des VIP Expresses würde sich hervorragend schlafen lassen. Merkwürdigerweise setzen plötzlich bei uns beiden fürchterliche Zahnschmerzen ein. Außerdem stellen wir fest, dass unsere Uhren stehengeblieben sind, fast zeitgleich. Mir läuft ein Schauer über den Rücken, ist das ein Zeichen? Wenn ja, für was?

 

Um 6 Uhr morgens erreichen wir die Hauptstadt. Das Taxi bringt uns in das gebuchte Hotel und pünktlich um 10 Uhr erscheinen wir an der Rezeption des berühmten Bumrungrad Hospitals.

 

Hoch modern klappt hier alles wie am Schnürchen, anders als in Deutschland. Die überaus kompetente Ärztin untersucht Friedrichs Auge gründlich und gibt in bestem Englisch Entwarnung. Es sei alles in Ordnung. Uns fallen Felsbrocken von der Seele.

 

Zurück im Hotel suchen wir im Internet nach Zahnärzten. Wir halten es beide nur noch mit Schmerztabletten aus. Behandlung ist dringend nötig. Im Bumrungrad Krankenhaus gibt es sicher auch eine Zahnklinik. Auf die Idee, dort nach einem Termin zu fragen, kommen wir nicht. Wir buchen einen niedergelassenen Zahnarzt im Internet. Man will uns bereits in einer Stunde direkt im Hotel abholen und uns in die Praxis fahren. Wir staunen nicht schlecht. Ob das mit rechten dingen zugeht?

 

 

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